Transalp per mtb

© 2024 Tofisch & Partner Es ist August´98 und auf der Straße, die in die Richtung der Dolomiten führt ist Stau. Mein Auto ist bis obenhin vollgepackt mit Bikes, Bikern und Bikeausrüstung. Wir fahren an den stehenden Autos vorbei und haben ein leichtes Grinsen auf den Lippen, denn unser Ziel liegt in weiter Ferne der Dolomiten und dem Sommer Touristenrummel. Unser Ziel ist das Dreiländereck und unser Ausgangspunkt ist Ischgl im Paznauntal, wo wir nach einem Saunatag im Auto froh sind, unsere Räder zusammenzubauen und uns auf die Tour vorzubereiten.

Ich wußte, daß Dreiländertour nicht so spektakulär klingt, wie Transalp Challange und ich konnte bei der Planung der Tour selbst nicht abschätzen was uns erwarten würde, aber wir wurden alle von der Vielfältigkeit, der landschaftlichen Schönheit und der abwechslungsreichen Streckenführung überrascht.

Die Tour dauerte 8 Tage verlief über 320km und 8000Hm. Übernachtet haben wir in Pensionen, Jugendherbergen und Ferienwohnungen in den jeweiligen Ortschaften im Talboden. So konnten wir unser Gepäck reduzieren und wir hatten alles locker (außer unsere weiblichen Teilnehmer) in einem 35l Rucksack Platz. Dies war ein großer Vorteil, da wir viel schneller und leichter am Weg waren, denn einige Übergänge und kurze Tragepassagen der Tour, kann man ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben, als anspruchsvoll bezeichnen. Gefahren sind wir auf Schmugglerwegen und alten Saumpfaden, d.h. in der Bikersprache: Single Trails, Schotterpisten, Trails, Asphalt, Wald- Wiesenwege, Radwege und das alles sehr oft up und selbstverständlich auch lang downhill!

© 2024 Tofisch & Partner Nun zurück auf den Sattel und zum surren der Kette in den Ritzeln. Der erste Tag von Ischgl über das Zeinisjoch (1842m) in das Montafon und wieder hinauf nach Gargellen stellte sich als ideale Einfahrstrecke heraus. Wir hatten also genügend Zeit und Luft während der Fahrt noch zu quatschen und uns alle ein bißchen besser kennenzulernen. Dazu beigetragen hat auch ein Bad in den eisigen Fluten des Vergalda Baches kurz vor Gargellen, bei einer Wassertemperatur um die 10°C konnten wir gleich erkenne, wer der mutigste der Gruppe ist.

In Gargellen konnten wir uns ausruhen und hatten genügen Zeit uns und die Ausrüstung für das Schlappeinerjoch (2203m) vorzubereiten, denn wir wußten, daß uns eine kurze Tragepassage erwarten wird.

Wie sich herausstellte hatten wir zu viel Zeit zur Verfügung und die Kombination zwischen der hervorragenden Gargellener Gastfreundschaft und der lockeren Atmosphäre unter den Bikern war eine sehr gute, deshalb wurde diese Nacht etwas kürzer, als alle anderen.

Nichts desto trotz saßen wir nach einem deftigen Frühstück um 8.00 Uhr wieder im Sattel und kurbelten Richtung Schlappinerjoch. Nach dem Übergang folgte eine Single Trail Abfahrt vom Feinsten und wir waren alle froh, als wir uns nach dem zweiten Anstieg dieses Tages von Klosters nach Davos am Davoser See ausruhen konnten und uns nach einem obligatorischen schweizer Rösti in die Betten des Davoser Sportzentrums werfen konnten. Am nächsten Tag verließen wir den Kanton Graubünden und wechselten ins Engadin. Wunderschönes Wetter begleitet uns die gesamte Woche. Wie auch an diesem Tag wo wir über den Scaltettapass 2600m nach Sausana und Pontresina fuhren. Die Strapazen beim anspruchsvollen Anstieg wurden von der wunderschönen Landschaft des Dischmatals und der Abfahrt ins Engadin leicht wieder wettgemacht. In Pontresina ging in der Nacht ein heftiges Gewitter nieder und am nächsten Morgen war es ganz schön frisch. Dafür waren wir gut vorbereitet und jeder zog seine dickste Jacke heraus. Eine lustige Kombination: Dicke Regenjacken und Bikehosen, dementsprechend wurden wir auch von den Bergsteigern bewundert, als wir an der Spitze der Gletscherzunge des Morteratschgletschers mit unseren Rädern aufkreuzen. Aber schlußendlich haben wir über Ihr Verhalten mit Pickel und Steigeisen mehr gelacht, als sie über uns und unser Aussehen.

© 2024 Tofisch & Partner Nach dieser wirklich amüsanten Mittagspause fuhren wir über den Berninapass und verließen auf der Furcola die Livigno die Schweiz und gelangten nach Italien. Wir übernachteten direkt am Pass und waren echt froh, daß wir mit den Rädern unterwegs waren, da sich am Grenzposten ein unendlich langer Stau in Richtung Livigno und Berninapass gebildet hatte. Am nächsten Morgen hatten wir wieder ein Schmunzeln auf den Lippen, weil wir erstens an den stehenden Autos vorbeischießen konnten und zweitens ging es zwanzig Kilometer abwärts. In Livigno selbst hielten wir uns nicht lange auf, da uns der Rummel viel zu groß war. Über einige geheime Schmugglerpfade, die mit dem Bike sehr gut befahrbar sind gelangten wir wieder auf Schweizer Staatsgebeit und über einen Paß nach Sta. Maria im Münstertal. Dort übernachteten wir in einer Jugendherberge, die gelungen in ein altes Gehöft integriert wurde. Nach einer richtig italienischen Spaghettata und längerer Diskusion mit einer zweiten Radlergruppe ließen wir diesen Tag ausklingen. Über den Costainas Pass (2251m) zurück in die Schweiz, nach S´charl und Schuol führte uns die nächste Erappe. Besonders erwähnenswert ist der lange Downhill vom Costainas Pass bis Schuol auf einer traumhaft angelegten Schotterstraße.

Es war unsere letzte Übernachtung und einige waren schon nervös. Am nächsten Tag fahren wir zuerst Samnaun und dann über den höchsten Übergang der ganzen Tour, das Viederjoch (2737m). Nichts desto Trotz machen wir uns in einer großen gemieteten Ferienwohnung eine kleine Abschlußparty und nehmen ohne Probleme jene Kalorien auf, die wir am nächsten Tag mit Sicherheit verbrennen werden. So war es dann auch. Zuerst ging es ruhig am Unterengadiner Radweg dahin, aber die Fahrt nach Samnaun und das Viederjoch hatte es in sich: 1800Hm am Stück und steil!

Unsere Ausrüstung, speziell die Bikes, haben einiges während dieser Tour aushalten müssen. Obwohl alle hochwertiges Material verwendet haben war die Anzahl der Defekte groß. Es kam sogar so weit, daß wir eine Rangliste erstellten, wer am meisten kaputt hatte. Dabei gab es eine Tageswertung und eine Wertung für die gesamte Woche. Die Wochenwertung habe ich mit dem Ausfall des Umwerfers und des Fahrrad Computers mit Abstand gewonnen, der zweite hatte einen Dämpfer der Federgabel und ein Pedal zerlegt, der dritte zwei Speichen abgebrochen und die Sattelstütze verbogen. Stürze gab es zum Glück nur leichtere, aber die gehören bei einer solchen Tour einfach dazu.

Jeder kann sich vorstellen, wie groß die Freude ist, wenn man am letzten Paß der Tour steht, den Ausgangspunkt sieht, den man vor einer Woche verlassen hat und weiß jetzt kann ich mich noch einmal dem Rausch eines letzten superlangen downhills nach Ischgl hingeben, denn es geht nur noch runter.

Die Bilanz dieser Woche war eindeutig positiv:

Viele Kilometer und Höhenmeter, genußvolles Biken in neuen wunderschönen und unbekannten Landschaften, neue Freundschaften und viel, viel Spaß.